Recurrent Airway Obstruction (RAO, übersetzt in etwa: periodisch auftretender, teilweiser oder kompletter Verschluss der Atemwege) ist die am häufigsten auftretende Lungenerkrankung bei
Pferden.
RAO ist auch unter folgenden teilweise veralteten Namen bekannt: COPD, COB, Dämpfigkeit.
Die Erkrankung ist gekennzeichnet durch:
- Bronchospasmus (Krampf der Muskulatur, die die Atemwege umspannt)
- übermäßige Schleimproduktion
- Schwellung der Atemwege
Wie äußern sich diese Charakteristika bei meinem Pferd?
Symptome:
- chronischer Husten
- verminderte Leistungsfähigkeit
- erschwerte Atmung/ Atemnot
- Bauchpressen (Beteiligung der Bauchmuskulatur bei der Ausatmung)
- Dampfrinne (in schweren Fällen)
- schleimig-eitriger Nasenausfluss
- abnormale Atemgeräusche
- Nüsternblähen
Die Intensität der Symptome ist vom Stadium der Erkrankung abhängig. Im Frühstadium wird oft nur gelegentliches Husten beobachtet.
Wie wird festgestellt, ob mein Pferd wirklich erkrankt ist?
Diagnose:
Die Diagnose kann oft schon auf Grund der klinischen Symptome gestellt werden. Verschiedene weiterführende Untersuchungen können die Diagnosestellung untermauern. Zum Beispiel durch eine
Bronchoskopie, bei dieser wird mit einer Kamera ins innere der Luftröhre und den Beginn der Lunge geschaut. Hierbei können auch verschiedene Proben entnommen werden. Eine weitere Untersuchung
stellt die Blutgasanalyse dar. Hier wird gemessen, wieviel Sauerstoff tatsächlich noch im Blut ankommt und welche Menge des Abfallprodukts Kohlenstoffdioxid noch aus dem Blut durch Ausatmung über
die Lunge entfernt werden kann.
Warum ist mein Pferd erkrankt?
Ursachen der RAO:
Die Hauptursache ist eine Überempfindlichkeitsreaktion des Pferdes auf organischen Staub und Schimmelpilze die vor allem in Heu und Stroh vorkommen. Dieser Staub besteht aus zahlreichen
Komponenten. Dazu gehören verschiedene Arten von Schimmelpilzen, Futtermittelmilben und Endotoxinen. Die Menge dieser Substanzen im Raufutter ist von dessen Qualität abhängig, oft aber schon in
qualitativ gutem Heu ausreichend um bei empfänglichen Pferden den Krankheitsprozess aufrecht zu erhalten.
Außerdem wird eine erbliche Komponente vermutet.
Pferde mit durch oben genannte Substanzen gereizten Atemwegen zeigen auch eine unspezifische Empfindlichkeit auf verschiedene andere Substanzen wie z.B. Ammoniak und Reithallenstaub. Auch die
Umgebung des Pferdes außerhalb des Stalls kann zu zusätzlicher Reizung beitragen, z.B. staubige, pestizidbelastete Ackerlandschaften.
Eine weitere Ursache kann auch eine nicht ausgeheilte akute Atemwegsinfektion sein, die in eine chronische Form übergeht.
Wie kann meinem Pferd geholfen werden?
Therapie:
Den wichtigsten Teil der Therapie stellt die Haltungsumstellung des Pferdes dar. Das Ziel dieser Umstellung soll es sein, die Atemwege des Pferde so wenig wie möglich organischem Staub (v.a. dem
Staub aus Heu und Stroh) und Schimmelpilzen (v.a. aus Heu und Stroh) auszusetzen. Die Fütterung von nassem Heu (das Wässern dient der Bindung des Staubs, damit dieser weniger eingeatmet wird) und
die Umstellung der Einstreu von Stroh auf Sägespäne können eine gewisse Abhilfe verschaffen. Dennoch sind diese Maßnahmen oft nicht ausreichend bzw. ist ihr Effekt begrenzt, wenn das Pferd
weiterhin in einem stickigen, schlecht belüfteten Stall steht und die Nachbarspferde weiterhin auf Stroh stehen und trockenes Heu fressen. Eigentlich muss das Pferd raus aus geschlossenen
Gebäuden. Hitze und Kälte ausgesetzt zu sein bedeuten für das Pferd ein gesundes Reizklima. Wichtig dabei ist aber eine Umgebung zu finden, die möglichst wenige unspezifische reizende Substanzen
enthält, d.h. im besten Fall auf in die Berge oder ein Umzug ans Meer.
Der komplette Ersatz der Heufütterung durch die Fütterung von Heulage ist sehr sinnvoll und bietet gegenüber gewässertem oder bedampftem Heu den riesigen Vorteil, dass die Arbeitsschritte des
Wässerns bzw. Bedampfens wegfallen und somit auch nicht vergessen werden können, falls die Oma mal vertretungsweise füttern sollte oder der neue Stallbursche noch nicht ordentlich eingearbeitet
ist. Ein weiteres Problem mit der Fütterung nassen Heus ergibt sich oft daraus, dass das Wässern nicht adäquat erfolgt, sondern das Heu z.B. nur mit etwas Wasser aus der Gießkanne beträufelt
wird. Dies ist ungenügend zur Bindung des Staubs!
Ein weiterer wichtiger Punkt der Therapie, das Haltungsmanagement betreffend, ist die Bewegung des Pferdes. Eine kontinuierliche Bewegung unterstützt den Abtransport des Schleims der in Lunge und
Luftröhre sitzt. Diese Bewegung wird durch Haltung im Offenstall/Bewegungsstall, je nach Strukturierung desselben, mehr oder weniger gut gefördert und mittels Bewegung des Pferdes durch den
Besitzer (Reiten, Longieren, Spazierengehen, Bodenarbeit...) nochmals intensiviert.
Bis die Veränderung der Umgebung zu einer Verbesserung der Symptome führt, können vier bis acht Wochen vergehen. In dieser Zeit kann es sinnvoll sein, das Pferd medikamentös zu unterstützen.
Weiterhin kann in Phasen akuter Schübe mit Hilfe von Medikamenten eine Linderung erreicht werden. Es sollte aber danach getrachtet werden, auf Grund von gutem Management die Häufigkeit der Schübe
und der Medikamentenanwendungen auf ein Minimum zu reduzieren. Dies ist nicht nur die beste Lösung für das Pferd, sondern wird letzten Endes auch die Nerven und die Geldbörse des Besitzers
entlasten.
Die beiden Eckpfeiler der medikamentösen Therapie bilden die Entzündungshemmung und die Erweiterung der Bronchien. Für diese Zwecke stehen verschiedene Medikamente zur Verfügung, die auf
unterschiedlichem Wege verabreicht werden können, entweder oral, intravenös (übers Blut) oder über Inhalation. Welche Medikamente zum Einsatz kommen hängt von verschiedenen Faktoren ab und wird
im Einzelfall entschieden.
Wie sieht die Zukunft meines Pferdes aus?
Prognose:
RAO ist nicht heilbar. Sie begleitet das Pferd ein Leben lang, kann aber durch oben genannte Maßnahmen, insbesondere ein optimales Haltungsmanagement, sehr gut kontrolliert werden und die Symptome können gemildert werden oder auch komplett verschwinden. Dennoch wird es Phasen geben in denen es den Pferden besser und Phasen in denen es den Pferden schlechter geht. Oft können diese Pferde aber noch viele Jahre mit dieser Erkrankung leben und auch reiterlich genutzt werden. Aber nochmal: die Haltungsadaptierung ist das A und O. Werden erkrankte Pferde nicht adäquat gemanaget, droht ihnen ein deutlich traurigeres Schicksal.